NEU: BGH vom 15.09.2023: verschärft Haftung für Verkäufer von Immobilien

Verkäufer von Immobilien müssen den Käufer über wesentliche Umstände hinweisen, die für den Käufer erkennbar von besonderer Bedeutung sind. Das bloße Einstellen von Unterlagen in einen Datenraum reicht nicht aus. Der BGH führt hierzu aus:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schließt die für den Käufer bestehende Möglichkeit, sich die Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand selbst zu verschaffen, die Pflicht des Verkäufers zur Offenbarung nicht von vornherein aus. Ein verständiger und redlicher Verkäufer darf zwar davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne Weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist.

Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich die Kenntnis selbst zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit aber nicht ohne Weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zum Zweck allgemeiner Information, sondern unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezielt durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein Verkäufer nicht ohne Weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen oder einen ihm übergebenen Ordner mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt auf Mängel des Kaufobjekts durchsehen wird.

Diese Rechtsprechung zu übergebenen Unterlagen ist, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, sinngemäß auf den Fall zu übertragen, dass der Verkäufer einen Datenraum mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt einrichtet und dem Käufer hierauf Zugriff gewährt. Der Umstand allein, dass der Verkäufer einen Datenraum einrichtet und den Kaufinteressenten den Zugriff auf die Daten ermöglicht, lässt nicht stets den Schluss zu, dass der Käufer den offenbarungspflichtigen Umstand zur Kenntnis nehmen wird. Nur wenn im Einzelfall die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Käufer bestimmte, von dem Verkäufer in dem Datenraum bereit gestellte Informationen – etwa im Rahmen einer Due Diligence – wahrnehmen und in seine Kaufentscheidung einbeziehen wird, ist eine gesonderte Aufklärung durch den Verkäufer nicht erforderlich. Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt daher hierdurch seine Aufklärungspflicht nur, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird. Ob dies aus Verkäufersicht der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa davon, ob und in welchem Umfang der Käufer – wozu er von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist – eine Due Diligence durchführt, wie der Datenraum und der Zugriff hierauf strukturiert und organisiert sind, welche Vereinbarungen hierzu getroffen wurden, wie wichtig die Information ist, um deren Offenbarung es geht, und wie leicht sie im Datenraum aufzufinden ist.

 

 

NEU: EUGH vom 12.1.2023: Pauschalreisende können Anspruch auf Minderung des Reisepreises haben

Wird eine Pauschalreise durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie beeinträchtigt, besteht möglicherweise ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises. Es besteht eine verschuldensunabhängige Haftung des Reiseveranstalters nach der Pauschalreiserichtlinie.

(Urteil vom 12.1.2023, C-396/21)

 

NEU: BGH vom 11. 1. 2023: Kein Rechts vor LInks auf Supermarkt-Parkplätzen

Auf öffentlichen Parkplätzen gilt grundsätzlich nicht die Regel „Rechts vor Links“. Die Autofahrer sollen aufeinander Rücksicht nehmen und sich darüber verständigen, wer Vorfahrt hat. Es liege keine Kreuzung im Sinne der Straßenverkehrsordnung vor, weil es sich bei den Fahrstreifen nicht um Straßen handele.

(Urteil. v. 22.11.2022, Az. VI ZR 344/21)

NEU: BGH vom 15.11.2022: Bausparkassen-Gebühren unzulässig

Die Bausparkasse BHW darf für die Verwaltung der Bausparkonten in der Sparphase kein Jahresentgelt verlangen.

NEU: BGH vom 26.10.2022: Keine Fernabschaltung von Miet-Autobatterien

Vermieter von Batterien für Elekroautos sind nicht berechtigt, diese nach der Vertragskündigung von der Ferne mittels digitalem Zugriff abzuschalten. Die entsprechenden Vertragsklausel verstoßen gegen AGB-Recht.

(Urteil vom 26.10.2022, XII ZR 89/21)

NEU: BGH vom 6.10.2022: Zugang einer email

Eine E-Mail ist im unternehmerischen Geschäftsverkehr zugegangen, wenn sie innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird. Dass die E-Mail tatsächlich abgerufen und zur Kentnnis genommen wird, ist für den Zugang nicht erforderlich.

(Urteil vom 6.10.2022, VII ZR 895/21)

 

NEU: BGH vom 23.9.2022: Beweislast beim gutgläubigen Erwerb eines Kfz

Beruft sich der Erwerber eines gebrauchten Fahrzeugs auf den gutgläubigen Erwerb, trägt derjenige, der den guten Glauben in Abrede stellt, die Beweislast dafür, dass der Erwerber sich die Zulassungsbescheinigung Teil II zur Prüfung der Berechtigung des Veräußerers nicht hat vorlegen lassen. Allerdings trifft den Erwerber, der sich auf den gutgläubigen Erwerb beruft, regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Vorlage und Prüfung der Zulassungsbescheinigung Teil II .

NEU: BGH vom 13.7.2022: Kein Widerrufsrecht bei Kauf von Eintrittskarten über Vorverkaufsstelle

Erwirbt man eine Eintrittskarte über eine Vorverkaufsstelle, besteht kein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht.

(Urteil vom 13.7.2022, VIII ZR 317/21)

NEU: BGH vom 4.5.2022: Anspruch auf Rückzahlung von Beiträgen für Fitnessstudio

Mitglieder von Fitnessstudios haben einen Anspruch auf Rückzahlung der Mitgliedsbeiträge für die Monate, in denen das Fitnessstudio wegen Pandemie geschlossen war.

(BGH, Urteil vom 4.5.2022, XII ZR 64/21)

 

NEU: BGH Beschluss vom 17. März 2022

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass dem Erwerber eines mit einem Dieselmotor des Tpys EA 189 ausgestatteten Fahrzeug keine Amtshaftungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen einer möglicherweise unzureichenden Umsetzung von Europarecht zustehen.

(siehe Pressemitteilung des BGH unter: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/2022034.html;jsessionid=C70D1D3098FEE9108FF8135FB43E107E.1_cid294)

NEU: BGH Urteil vom 17. März 2022

Nach dem Urteil des  Bundesgerichtshofs vom 17. März 2022 (Az. III ZR 79/21) haben Betroffene des Corona-Lockdowns keinen Anspruch auf staatliche Entschädigung für ihre Einnahmeausfälle. Es hatte ein Gastronom und Hotelier gegen das Land Brandenburg geklagt. Dieser musste seinen Betrieb im Frühjahr aufgrund des lockdowns schließen.

(siehe Pressemitteilung des BGH unter https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Termine/DE/Termine/IIIZR79-21.html;jsessionid=C70D1D3098FEE9108FF8135FB43E107E.1_cid294)

BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 – XII ZR 8/21

Der Bundesgerichtshof hat ein richtungsweisendes Urteil für gewerbliche Mieter gesprochen, deren Geschäft in Corona-Zeiten behördlich geschlossen wurde. Es ging um die Frage, ob der Mieter für den Zeitraum der angeordneten Geschäftsschließung zur vollständigen Mietzahlung verpflichtet ist.

Das Urteil hat nicht nur Bedeutung für das Mietrecht, sondern geht weit darüber hinaus.

Zunächst die Antwort des BGH:

  1. Der BGH sieht keinen Mangel in der Mietsache. Die Betriebsschließung und die hierdurch eingetretene Beschränkung des Gebrauchs beruhe nicht auf der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache.
  2. Es besteht für den Mieter aber trotzdem grundsätzlich ein Anspruch auf Anpassung der Miete nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage, da mit der Pandemie Umstände eingetreten sind, die nicht in den Risikobereich eine der Parteien des Mietvertrages fallen.
  3. Die Höhe der Anpassung ist durch eine Abwägung zu bestimmten. Hierbei ist zu berücksichtigen:
  • Welche Nachteile sind dem Mieter entstanden?
  • Über welche Dauer sind dem Mieter die Nachteile entstanden?
  • Welche Maßnahmen hat der Mieter ergriffen, um drohende Verluste zu mindern?
  • Welche finanziellen Vorteile hat der Mieter durch staatliche Leistungen erhalten?
  • Sind die staatlichen Hilfen zurückzuzahlen?
  • Hat der Mieter Zahlungen aus einer Betriebsversicherung erhalten?
  1. Der BGH erteilte einer pauschalen 50/50-Lösung eine Absage, da diese die Umstände des Einzelfalls außer Betracht lasse.

Interessant ist die Begründung:

Der BGH stützt sein Urteil auf das Rechtsinstitut der sog. Störung der Geschäftsgrundlage.

Zur Geschäftsgrundlage gehöre die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde. Diese Erwartung sei durch die zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen, die eine Betriebsschließung anordneten, schwerwiegend gestört worden

Durch die COVID-19-Pandemie habe sich letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst werde. Das damit verbundene Risiko könne regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden.

Daher hat das Urteil Bedeutung über das Mietrecht hinaus. Das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage findet auf alle Verträge Anwendung. Mit dem Urteil hat der BGH ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für dieses Rechtsinstitut durch die COVID-19-Pandemie und die in Zusammenhang ergangenen stattlichen Maßnahmen und Anordnungen grundsätzlich erfüllt sind. Welche Rechtsfolgen sich hieraus im Einzelfall ergeben, ist dann jeweils im Einzelfall zu prüfen. Insbesondere ist zu prüfen, ob und welche Risikoverteilung der Vertrag vorsieht.

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